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Ḥusain, Herr der Märtyrer von damals mahnt uns heute |
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Schwerin, den 30.10.2014
Ḥusain, Herr der Märtyrer von damals, mahnt uns heute
Wir Schiiten gedenken des beispiellosen Massakers von Karbalāʼ und der mit Pferden zertrampelten Leichname. Wir beklagen das unermessliche Leid der begleitenden Frauen und Kinder der Abgeschlachteten. Knapp 1400 Jahren sind vorüber und der Schmerz noch nicht erloschen! Wird denn so eine Barbarei je vergessen werden können?
Da machte sich eine Meute von fast 30'000 Mann über wenige hundert Menschen her, darunter viele Kinder und Frauen. Sie ließen sie bei fast 45°C im Schatten drei Tage lang dursten. Selbst eines Säuglings hat man sich nicht erbarmt. Am letzten Tag töteten sie die Männer in einer ungleichen Schlacht, darunter Halbwüchsige. Die Ohrringe der Mädchen und Frauen rissen sie diesen von den Ohren. Die Zelte der Kinder setzten sie in Brand. Die Kinder und Frauen legten sie in Ketten. Dann zerrten sie jene über 1000 km durch die Wüste bis nach Damaskus. Zuvor noch enthaupteten sie die gefallenen Väter und Brüder vor den Augen der Kinder und spießten die Köpfe als Trophäen auf ihre Lanzen. Das kühle Nass vergossen sie vor den Augen der Kinder in den Sand. Sie schlugen diese, wenn sie danach greifen wollten.
Das ist die weitgehend unbekannte Tragödie!
Imam Ḥusain, der Enkel unseres Propheten, setzte sich für den revolutionären Gedanken seines Großvaters ein, nämlich für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Er wurde in der Schlacht von Karbalāʼ getötet. 20'000 Leute hatten ihm ihre Unterstützung zugesagt, ihm den Weg zu ebnen, aber sie waren plötzlich des Mammons wegen oder aus Angst oder Feigheit unter der nach Blut lechzenden Meute!
Hintergrund
Wegen mehr als 360 Götzenfiguren in der Ka‘ba und dadurch zuströmender Pilger, häuften die Regenten Mekkas, allen voran Abū Sufyān, große Reichtümer an. Im Jahre 610 hat der 40jährige Muḥammad (s.a.s.) als neuer Prophet in Mekka gepredigt. Die Regenten Mekkas waren gegen seine Lehre. Die Lehre beinhaltete nicht nur den Glauben an den Einen Gott (Monotheismus), sie war zugleich das größte Reformprogramm der Geschichte. Sie lehnte u.a. kategorisch die Sklaverei ab, sprach erstmals von Tierrechten - der Prophet hatte nie sein Kamel geschlagen! -, sprach von einer staatlich organisierten Sozialhilfe, gab den Frauen Selbstständigkeit auch im Bereich der Wirtschaft (!) und verlangte nicht zuletzt nach einem echten Rechtsstaat. Man stelle sich einmal vor: Zuvor konnte ein Sohn nach dem Tode des Vaters sogar seine eigene Mutter als "Gut" erben!!!
Nach 20 Jahren seines Wirkens fiel Mekka kampflos dem Propheten in die Hände. Die arabische Halbinsel war nach fast 23 Jahren im Eifer der Reformlehre. Die ehemaligen Regenten und ihre Lakaien gingen in Opposition, wo sie nur konnten.
Nur wenige Wochen nach dem Tode des großen Propheten und Reformers wurde seine Tochter Fāṭima (s.a.) Opfer eines Mordanschlags. Sein lebenslang treuer Gefährte und Schwiegersohn ‛Alī (a.s.) wurde fast 25 Jahre lang gesellschaftlich isoliert und beschimpft. Als ‛Alī (a.s.) nach dieser Zeit plötzlich Kalif wurde, zwang man ihm drei Kriege auf. Schließlich wurde er im Gebet mit einem Schwert erschlagen. Sein Gegenspieler Mu‛āwiya, Sohn jenes Abū Sufyān, baute seine Herrschaft in Damaskus nun endgültig aus. Ḥasan, der ältere Sohn ‛Alīs (a.s.), der den Weg seines Vaters und Großvaters Muḥammad (s.a.s.) fortsetzen wollte, wurde schließlich im Auftrag vergiftet. Die Reformen sind vollständig zum Stillstand gekommen, ja rückgängig gemacht worden. Der jüngere Bruder Ḥasans, unser dritter Imam Ḥusain, begehrte auf, um die Reformen wieder in Gang zu setzen. Yazīd, der inzwischen herrschende Sohn Mu‛āwiyas, ließ in Karbalāʼ in einem ungleichen Kampf von 30'000 gegen ca. 70 Personen Imam Ḥusain töten, enthaupten und von Pferden zetrampeln. Es war das Jahr 680.
Die Anhänger des Propheten und der Ahlul Bayt (Familie des Propheten) nennen sich Schiiten und wurden seither für vogelfrei erklärt. Tausende wurden im Lauf der Geschichte getötet, ja sogar lebendig eingemauert. Und heute? In Pakistan werden schiitische Dörfer, von der Weltöffentlichkeit unbemerkt, ausgerottet oder ausgehungert; Zehntausende werden im Irak, Afghanistan oder Syrien durch Bomben zerfetzt; auf der arabischen Halbinsel werden sie unterdrückt oder hingerichtet, wenn sie es nur wagen, selbst grundlegende Menschenrechte einzufordern.
Doch keiner reagiert. Es scheint, als wenn die Schiiten es nicht wert sind, dass man für sie eintritt. …
Wir als Schiiten sind stolz Schiiten zu sein.
Wir sind stolz, weil wir den größten Reformer der Geschichte als unseren Propheten haben.
Wir sind stolz, weil wir Imam ‛Alī als Oberhaupt haben, der einst sagte: "Die Gerechtigkeit (für Menschen) ist begehrenswerter als Wasser an den Lippen eines Durstigen".
Wir sind stolz, weil wir Fāṭima, neben Maria eine der vier großen Frauen der Geschichte haben, nach Aussage des Propheten (sas) Fürstin aller Frauen der Welt.
Wir sind stolz, Imam Ḥasan als unseren zweiten Imam zu haben, der zweimal im Leben die Freigebigkeit besessen hat, sein ganzes Hab und Gut an die Armen zu verschenken.
Wir sind stolz, Imam Ḥusain als Herrn der Märtyrer zum Imam zu haben, der für die Reformbewegung seines Großvaters Muḥammad, dem Propheten, enthauptet wurde.
Wir sind stolz, weil die geistigen Kinder jener Mörder Imam Ḥusains heute uns Schiiten als Ketzer bezeichnen. So wie damals enthaupten sie Andersdenkende heute vor laufender Kamera. Uns aber bezichtigen sie der Häresie, wenn wir friedlich Position ergreifen.
Wir sind stolz, weil Imam Mahdī unser Oberhaupt ist, mit dem sich Jesus Christus Schulter an Schulter für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen wird.
Möge Gott uns helfen, immer auf dem Wege solcher edlen Menschen zu bleiben. |
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