Vortrag zum Tag der Offenen Moschee 2016, 03.10.2016, 15:30
gehalten von Br. Haiko Hasan Hoffmann
DER KORAN - DAS GEFÄHRLICHSTE BUCH DER WELT ...
Ob Jesus (Friede sei mit ihm) wirklich nichts gesagt hat, was Gewalt beinhaltet, mag ich nicht beurteilen, obwohl er z.B. nicht Friede sondern das Schwert gebracht habe (Mt 10,34), oder in Lk 19,27 sagt: „Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde, bringt her und macht sie vor mir nieder.“
Das aber sind Zitate, welche sicher irgendwo im Kontext stehen, so dass ich nicht den Fehler begehen möchte, hieraus leichtfertig Schlussfolgerungen zu ziehen.
Verse aus einer Koranübersetzung herauszusuchen, ist einfach. Das kann jeder. Ganz wie es gerade passt.
Man zitiert z.B. gerne Sure 2 Vers 187(191) „und erschlagt sie (die Ungläubigen) wo immer ihr auf sie stoßt“ (Max Henning, 1901), d.h. zusammenhanglos. Und los geht’s. …
Aber nur einen Vers zuvor heißt es im Kontext dazu:
186(190) „Und bekämpft in Allahs Pfad, wer euch bekämpft; doch übertretet nicht[98]; siehe, Allah liebt nicht die Übertreter“
Und in der DDR-Ausgabe steht dazu in Fußnote 98: „Indem ihr zuerst den Kampf beginnt. V. 186-189 richtet sich gegen die heidnischen Mekkaner, wahrscheinlich vor dem Zug nach Mekka bzw. Hudaibiyya im März 628“.
Jenes Zitat selbst ist auch sehr kurz, denn der eingangs zitierte Vers 187(191) geht noch weiter: „… und vertreibt sie, von wannen sie euch vertrieben; denn Verführung ist schlimmer als Totschlag. Bekämpft sie jedoch nicht bei der heiligen Moschee, es sei denn, sie bekämpften euch in ihr. Greifen sie euch jedoch an, dann schlagt sie tot. ….“
Und weiter in 2:188(192): „So sie jedoch ablassen, siehe, so ist Allah verzeihend und barmherzig.“ …
und 2:189(193): „Und bekämpfet sie, bis die Verführung aufgehört hat, und der Glauben an Allah da ist [d.h. die Muslime wieder frei praktizieren können]. Und so sie ablassen, so sei keine Feindschaft, außer wider die Ungerechten.“
Hier geht es übrigens um einen konkreten Kampf, den die heidnischen Mekkaner i.J. 628 vertragsbrüchig vom Zaun gebrochen hatten, um wieder mal die noch junge Gemeinde vernichten zu wollen. ...
Ähnlich ist das auch mit Sure 4 Vers 91(89):
„und wo sie den Rücken kehren, ergreift sie, schlagt sie tot, wo immer ihr sie findet.“
Auch dieses Zitat wird von sog. Islamkritikern regelmäßig angeführt und doch auch nur herausgerissen und wieder nur stückweise. Hier geht es um die Schlacht von Uhud 625 bzgl. Deserteuren, wobei nur diejenigen dann zu bekämpfen waren, die sich klar auf Seiten der Mekkaner gegen die Muslime stellten.
Und ein weiteres gern benutzes Zitat (Sure 8 Vers 12) ist so ein Fall:
„so haut ein auf ihre Hälse, haut jeden Finger ab“.
Wieder unvollständig und zusammenhanglos.
Das bezieht sich auf die Schlacht von Badr 624, zumal hier die Engel angesprochen werden. So lautet das Zitat also vollständig:
„als dein Herr den Engeln offenbarte: ‚Ich bin mit euch, festigt drum die Gläubigen. Wahrlich, in die Herzen der Ungläubigen werfe ich Schrecken. So haut ein auf ihre Hälse und haut ihnen jeden Finger ab.‘“
Man bedenke die Lage zu diesem Zeitpunkt: Hier standen 300 Muslime 1000 Mann der heidnischen Mekkaner gegenüber und sollten nur nicht verzagen.
Jene Stelle heißt übrigens wörtlich tatsächlich „haut ihnen auf die Finger“ und bedeutet schlicht, den Gegner trotz seiner Übermacht zu besiegen, was auch geschehen ist.
Und in dieselbe Richtung geht schließlich auch Sure „Muhammad“ (47) Vers 4, indem hier am liebsten von den Polemikern gesagt wird: „Seht, da haben die das Köpfen her. Sie erfüllen nur die Anweisungen des Korans 1:1.“ Nach ihrer Meinung ist der Koran also das gefährlichste Buch der Welt – nicht etwa Hitlers „Mein Kampf“. …
Schauen wir uns auch noch 47:4 etwas näher an:
Zitiert wird dann immer folgendes:
„Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt“ (Max Henning, 1901)
oder auch
„Wenn ihr mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann schlaget ihnen die Köpfe ab, bis ihr eine große Niederlage unter ihnen angerichtet habt.“ (Ullmann, 1840)
Das Problem ist immer das gleiche. Der Vers wird zunächst unvollständig zitiert, denn es werden bei Henning nur 19 Wörter von 76 bzw. bei Ullmann 21 Wörter von 87 verwendet. Bei Henning heißt es vollständig:
Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt; dann schnüret die Bande. 5. Und dann entweder Gnade hernach oder Loskauf, bis der Krieg seine Lasten niedergelegt hat. Solches! Und hätte Allah gewollt, wahrlich, er hätte selber Rache an ihnen genommen; jedoch wollte er die einen von euch durch die andern prüfen. Und diejenigen, die in Allahs Weg getötet werden, nimmer leitet er ihre Werke irre.
und bei Ullmann:
Wenn ihr mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann schlaget ihnen die Köpfe ab, bis ihr eine große Niederlage unter ihnen angerichtet habt. Die übrigen legt in Ketten, und gebt sie, wenn der Krieg seine Lasten niedergelegt, entweder umsonst oder gegen ein Lösegeld frei. So soll es sein. So Gott nur wollte, so könnte er auch ohne euch Rache an ihnen nehmen; aber er will dadurch euch Einen durch den Andern prüfen. Und die so da kämpfen für die Religion Gottes, deren Werke wird Gott nicht verloren sein lassen; …
Soweit so gut: Das andere Problem ist, dass die Übersetzung aus dem Arabischen bei beiden problematisch ist.
Im Arabischen heißt es (zu Hennings Übersetzung „Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt; dann schnüret die Bande. …“) tatsächlich wörtlich lediglich so:
„Und wenn ihr auf diejenigen trefft, die ungläubig sind [Fa-iḏā laqītumu llaḏīna kafarū], so schlagt die Nacken [fa-ḍarba r-riqābi] bis ihr sie niedergerungen habt [ḥattā iḏā aṯḫantumūhum], und schnürt die Fesseln fest [fa-šuddū l-waṯāqa] …“ usw. – nicht mehr und nicht weniger steht da.
Da steht nichts von Köpfe abschlagen, nichts von Gemetzel oder dgl. Da steht nur „auf die Nacken schlagen“, was synonym ist für besiegen, niederringen, kampfunfähig machen. Das Töten ist nicht zwangsläufig gefordert, hier selbst im Kriege nicht, der zum Zeitpunkt der Offenbarung gerade stattfindet. Welchen Sinn hätte es denn auch, die Besiegten anschließend zu fesseln und später wieder frei zu lassen, wenn ihnen zuvor die Köpfe abgeschlagen worden wären? Da nützt es auch nichts, wenn Ullmann noch das Wort „die übrigen“ hinzunimmt. Denn das ist keine Übersetzung sondern hineininterpretiert, damit es wieder stimmt. Und besonders Ullmanns Übersetzung schöpft aus älteren Übersetzungen, nach denen es i.d.R. nur grausam zuging, da die Übersetzungen deutlich antiislamischer Polemik dienten:
Arnold (1746): „… so schlagt ihnen die Häupter ab, biß ihr eine grosse Metzelung unter ihnen angerichtet habt, und legt sie in Fesseln, …“
Megerlin (1773): „so schlaget ihnen die Köpfe ab, so lange biß ihr sie in der Menge niedergemacht habt: und leget (den übrigen) feste Feseln an“
Boysen (1773): „so haut ihnen so lange die Köpfe ab, bis ihr eine grosse Menge vom Feinde niedergesäbelt habt. Dann schließt die übrigen, die eure Gefangene[n] geworden sind“
Im Arabischen steht aber, wie schon gesagt, nur kurz: „so schlagt auf die Nacken bis ihr sie niedergerungen habt, und schnürt die Fesseln fest“
Dieser Vers bezieht sich auf konkreten Kriegszustand.
Wenn ein Kampf notwendig ist, muss er natürlich mit Entschlossenheit geführt werden. Über die Kriegsgefangenen wird hier gesagt, dass sie gegen Lösegeld oder ohne Gegenleistung freigelassen werden sollen. Nach der Schlacht von Badr i.J. 624 sind Gefangene auch gegen Lösegeld freigelassen worden. Ihnen wurde aufgetragen, jeweils zehn muslimische Kinder Lesen und Schreiben zu lehren und damit ihre Freiheit zu erlangen. Als der Umayyaden-Befehlshaber Al-Ḥaǧǧāǧ Ibn Yūsuf den Sohn eines späteren Kalifen ‘Abdullāh Ibn ‘Umar aufforderte, Kriegsgefangene zu töten, weigerte dieser sich unter Berufung auf diesen Vers. Jener Al-Ḥaǧǧāǧ Ibn Yūsuf steht bis heute im Verdacht, den hochangesehenen ‘Abdullāh Ibn ‘Umar im Jahre 693 ermordet zu haben.
Wäre dies geschehen, wenn es ein Generalbefehl wäre, wie man gerne immer wieder glauben machen möchte?
Im Übrigen zeigt dieser Vers klar und deutlich, dass es nicht um Krieg suchen sondern um Krieg beenden geht. Denn das Niederringen des Feindes dient einzig dazu, den Feind kampfunfähig zu machen, auf dass er aufgebe. Wenn dieser aufgibt, dann muss auch der Muslim die Waffen niederlegen. Sein Handeln muss also darauf gerichtet sein, alles zu tun, was den Krieg beendet. Und er muss dafür sorgen, dass die Feinschschaft aufhört. Das Ziel ist also Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit und Vergebung.
Diese und noch andere Stellen bilden tatsächlich ein Kriegsrecht vor 1400 Jahren, welches Europa erst etliche Jahrhunderte später kennen sollte. … Der Koran enthält übrigens weitaus mehr zu Barmherzigkeit, Liebe, Milde, Vergebung, Mäßigung, Nächstenliebe, Gnade, Frieden, … Das aber interessiert die Extremisten von ISIS nicht, und auch nicht gewisse selbsternannte Islamkritiker, die man in Wahrheit Islamhasser nennen müsste. Ihr Koran besteht wohl nur aus 10 Seiten mit Kampfversen aus 23 Jahren Kriegszeit. Die restlichen 590 Seiten haben sie herausgerissen. Das sind die wahren Feinde des Islam und der Menschen.
Eigenartigerweise argumentieren die Extremisten und die sog. Islamkritiker aber auf dieselbe Art und Weise, indem sie behaupten, dass IS und Co. den Koran 1:1 befolgen würden. Beide leugnen die textlichen wie inhaltlichen Zusammenhänge, die asbâb an-nuzûl (Offenbarungsanlässe), die Theologie von 1400 Jahren, die längst und sehr deutlich und umfangreich formulierten Fatwas zahlreicher höchter islamischer Gelehrter weltweit gegen IS und seine Ideologie, und schließlich den Verstand schlechthin. Ob sie es wollen oder nicht, beide arbeiten sich gegenseitig in die Hände. Angst ist beider Instrument, um ihre Ziele zu erreichen.
Die Angst ist also das Schloss!
Somit kann man Angst nur angehen, wenn man aufklärt, wenn man Wissen statt Gerüchte und Unwahrheiten oder Halbwahrheiten verbreitet. Das ist der Schlüssel! Auch deshalb sind wir heute hier.
Ich hoffe und bete, dass man hierzulande erkennt, dass die Muslime Verbündete gegen ISIS und Co. sind und im Übrigen nicht untätig sind, was medial nur sehr selten vermittelt wird, statt sie ständig vor den Kopf zu stoßen. Das geht nur mit gegenseitigem Respekt. Ob mit oder ohne Kopftuch.
Das ist unser Überlebenselexier.